Interessengemeinschaft
                Braunsfelder Bürger

Zwei Jahre Rahmenplanungsbeirat - eine erste Bilanz

von Harald Schaefer

Seit vielen Jahren wird im ehemaligen Industriegebiet zwischen Melatengürtel und Militärring rege gebaut – immer wieder Anlaß für die Interessengemeinschaft Braunsfelder Bürger (IGBB) und betroffene Anwohner, sich zu den Bauvorhaben kritisch zu Wort zu melden.

Just dann war bei vielen Projekten die Planung bereits so weit fortgeschritten, dass die Bürger auf die Baupläne nur noch wenig Einfluß nehmen konnten. Änderungen ließen sich, wenn überhaupt, nur mit hohem Engagement erreichen.

Abriß an der Scheidtweiler Straße"Die Stadt könnte doch die Bürger ganz frühzeitig in die Planungen einbeziehen, nicht erst kurz bevor die Bagger anrollen", so die kühne Idee einer gemeinsamen Arbeitsgruppe der Interessengemeinschaft Braunsfelder Bürger und des Bürgervereins Köln-Müngersdorf. Der Ruf nach vertiefter und frühzeitiger Bürgerbeteiligung kam auf – in anderen Kommunen selbstverständliche Praxis bei der Stadtplanung, in Köln ein Novum.

Wegweisend für die ganze Stadt

Erfreulicherweise ist der Rat der Stadt Köln im Jahr 2005 auf den Vorschlag der beiden Bürgergruppen eingegangen und hat den sog. "Beirat zur Begleitung der Umsetzung der Rahmenplanung Braunsfeld/Müngersdorf/Ehrenfeld" ins Leben gerufen. Aufgabe dieses städtischen Gremiums ist es, den Strukturwandel im benachbarten Gewerbegebiet zu beobachten sowie Anregungen und Empfehlungen zur Grundstücksnutzung, zu den Verkehrsplanungen und zu allen wichtigen Bauvorhaben zu geben.

Das Besondere: Die Satzung des Beirats sieht vor, dass die Bezirkspolitiker sachkundige Bürger und Vertreter der Bürgergruppen aus den einzelnen Stadtteilen in den Beirat wählen. In gleicher Anzahl werden durch die Politik auch Gewerbetreibende und Investoren als Beiratsmitglieder gewählt. So soll das Gremium ein ausgewogenes Meinungsbild der hier lebenden und arbeitenden Bevölkerung abgeben – parteipolitische Interessen sollen dabei in den Hintergrund treten. Damit die Politik die Empfehlungen des Beirats gut nachvollziehen kann, entsenden die politischen Parteien ebenfalls einen Vertreter zu den Beiratssitzungen.

Politiker wählen Bürger

Mit großer Mehrheit wählte die Bezirksvertretung Lindenthal Herrn Nikolaus Bock von Wülfingen für die IGBB und Herrn Harald Schaefer als seinen persönlichen Vertreter in den Beirat.

Seit nunmehr zwei Jahren wird jedes städtebaulich wichtige Vorhaben von der Verwaltung oder von den Investoren zunächst im Rahmenplanungsbeirat vorgestellt. Der Beirat gibt der Bezirksvertretung eine Beschlussempfehlung oder stellt ggf. widerstrebende Meinungen von Bürgern und Investoren dar, so dass die Bezirkspolitiker eine bessere Grundlage für ihre Entscheidung haben. In den meisten Fällen stimmt anschließend der Stadtentwicklungsausschuss im Rat der Stadt Köln über das Vorhaben ab – die vorangegangene Beiratsempfehlung und der bezirkspolitische Beschlusses bilden dafür idealerweise die Basis.

Mindestens viermal im Jahr tagt der Beirat, abwechselnd im Bezirksrathaus Lindenthal und Ehrenfeld, denn das Rahmenplanungsgebiet erstreckt sich über diese beiden Stadtbezirke. Mit einer Fläche von 420 Hektar ist das Areal übrigens genau so groß wie die Kölner Innenstadt innerhalb der Ringe.

Davon, dass sich das ehrenamtliche Engagement auch jenseits der Stadtteilgrenzen für Braunsfeld lohnt, sind die Beiratsmitglieder überzeugt: Anwohnern am Maarweg, an der Eupener und Stolberger Straße kann es nicht egal sein, wie das ehemalige Industriegebiet umgestaltet wird. Viele Braunsfelder Verkehrsprobleme haben schließlich ihren Ursprung in den angrenzenden Stadtteilen. Zudem ist es für den Charakter des eigenen Viertels wichtig, was sich z.B. im benachbarten Technologiepark tut. Und nicht zuletzt bedeutete eine Ansiedlung weiterer Discount-Märkte im Gewerbegebiet eine Schwächung der Aachener Straße als Braunsfelder Einkaufsmeile.

Von der Politik gewollt, von der Verwaltung nicht geliebt

Als sich im Juni 2005 der Rahmenplanungsbeirat zu seiner konstituierenden Sitzung traf, stellte sich bei den Vertretern der IGBB schnell Ernüchterung ein: Viele hohe Erwartungen waren an diese neue Form der Bürgerbeteiligung geknüpft, aber die durch die Verwaltung streng formalisierten Abläufe ließen nur wenig Dialog zu. Anstatt miteinander in Arbeitsgruppen-Manier über die Projekte im Viertel zu diskutieren, favorisierte die Verwaltung der Stadt Köln eine hörsaalartige Sitzordnung und reglementierte das Gespräch mit Mikrophonanlagen, strikten Tagesordnungen und wenig aussagekräftigen Beschlussvorlagen.

Beiratssitzung: die VerwaltungBeiratssitzung: die BeiräteMittlerweile – zwei Jahre später – hat das Gremium aber zu einer besseren Arbeitsweise gefunden. Anscheinend begreift die städtische Verwaltung eine frühzeitige Bürgerbeteiligung im Beirat langsam als Chance zu mehr Planungsqualität: Immer mehr Projekte gelangen bereits zu einem sehr frühen Stadium auf die Tagesordnung der Beiratssitzungen und werden nun deutlich besser erläutert und grafisch dargestellt.

Plattform für den Dialog zwischen Bürgern und Investoren

Neben den öffentlichen Beiratssitzungen sind regelmäßige Treffen der Bürgervertreter und der Gewerbe- und Investorenvertreter zur guten Gewohnheit geworden. Die Treffen dienen der Vorbereitung der Beiratssitzungen und bieten eine Plattform zum detaillierten Meinungsaustausch zwischen den "Akteuren" im Viertel. Sie sind somit eine ideale Ergänzung zu den regulären Sitzungen. Der Dialog, den sich die Bürgergruppen anfänglich vom Beirat erhofft hatten, ist so auf etwas andere Weise Wirklichkeit geworden.

Im zurückliegenden Jahr hat der Beirat umfangreich über das Wohnungsbauvorhaben der GAG/Grubo an der Alsdorfer Straße diskutiert. Hier sind ca. 100 neue Wohnungen und Einfamilienhäuser geplant.

Auch die Planungen der GAG/Grubo für einen mieterverträglichen Abriss und Neubau der Siedlung Manstedter Weg und Dansweiler Weg wurden im Beirat eingehend beraten.

Der geplante Neubau von Möbel Boss an der Scheidtweiler Straße wurde im Beirat einstimmig abgelehnt - eine Meinung, der sich die Bezirkspolitiker in gleicher Weise anschlossen. Der Abriß und Neubau von Teilen des Möbel Buch-Ensembles wurde hingegen erst nachträglich im Beirat thematisiert. Neben Denkmalschutzaspekten wirft hier auch ein mittlerweile im Bau befindliches Parkhaus Verkehrsfragen auf.

Im Jahr 2007 wird das Sidolgelände an der Eupener Straße sicherlich einen Schwerpunkt der Beiratsarbeit bilden: Im südlichen Bereich der ehemaligen Putzmittelfabrik sollen in den nächsten Jahren 400 Wohneinheiten entstehen.

Ein weiteres Themenfeld wird die verkehrliche Erschließung des Gewerbegebiets und des Technologieparks und dessen Anbindung an den Neuen Militärring sein. Der Bürgerverein Müngersdorf hatte dazu bereits einen Vorschlag für eine Ertüchtigung der Kreuzung Aachener Straße / Neuer Militärring durch einen Verkehrsplaner ausarbeiten lassen, der erhebliche Verbesserung für die Bewohner einiger Müngersdorfer und Braunsfelder Straßen hätte. Die Stadt Köln hat diesen Vorschlag mittlerweile aufgegriffen. Allerdings sieht der städtische Konzeptentwurf nun auch einen Vollanschluß der Stolberger Straße an den Neuen Militärring vor.

interessierte Bürger während einer BeiratssitzungDie Liste von Bauvorhaben ließe sich noch um einiges fortsetzen. Man darf daher gespannt sein, was das Jahr 2007 für die Arbeit im Rahmenplanungsbeirat und für die Interessengemeinschaft Braunsfelder Bürger noch an Überraschungen parat hält ...

Alle Sitzungen des Beirats sind öffentlich. Zu Sitzungsbeginn haben alle anwesenden Bürger die Möglichkeiten, außerhalb der Tagesordnung Fragen zu Bauvorhaben und zur Rahmenplanung an den Beirat und die Verwaltung zu stellen. Die Termine der kommenden Beiratssitzungungen sind hier aufgeführt.